Der zweite Streitpunkt lag in der Planung der Streckenführung durch den Ort Hennstedt selbst. Die Planungskommission gedachte die Bahn am Ostrand von Hennstedt über Vester’sches Gelände zu führen und hier auch den Bahnhof hinzusetzen, während ein anderer Teil der Hennstedter Bürger die Trassenführung am Nordwestrand des Ortes mit einem Bahnhof an der Fedderinger Chaussee auf dem Grundstück des Landwirts Carl von der Heyde befürwortete. Zu dieser Lösung neigten verständlicherweise auch die Gemeinden Wiemerstedt, Fedderingen, Kleve und Schlichting.
So kam es in den öffentlichen Gemeinde- und Kirchspielsversammlungen in Hennstedt zu hitzigen Debatten und erregten Gemütern, was eine Spaltung der Bürger in eine ‚v.d.Heydesche’ und eine ‚Vestersche’ Partei zur Folge hatte. Man warf Vester bei der von ihm favorisierten östlichen Streckenführung eigennützige wirtschaftliche Interessen vor. Letztendlich setzte dieser sich durch, und die östliche Trassenführung mit dem Bau des Bahnhofs auf seinem Grundstück wurde beschlossen.
Diese willkürliche Entscheidung hatte unterschwellig bei den Unterlegenen noch lange nachgewirkt und sollte später noch Folgen haben. Als nächste größere Hürde stellte sich der Erwerb von Grundstücken für die Trassenführung heraus. Betroffene Grundstücksbesitzer, die zunächst positiv dem Bahnprojekt gegenüberstanden, weigerten sich plötzlich, Grund und Boden für den Kleinbahnbau zu verkaufen. Man gab vor, Feder- und Rindvieh könnten gefährdet werden, Pferde scheuen, die allgemeine Moral angekratzt und der Frieden der Dörfer durch den Einbruch der Technik gestört werden.
Möglicherweise war diese plötzliche Weigerung auch nur ein taktisches Vorschieben von Gründen, um einen besseren Verkaufspreis der Grundstücke zu erhalten.
Mit viel Diplomatie und Überzeugungskraft gelang dem mit dem Grunderwerb beauftragten Ökonomierat Peters ein Meinungsumschwung bei den Grundbesitzern. Eigens hierzu veranstaltete er einen Bunten Abend in einem Gasthof in Süderheistedt, zu dem er alle in Frage kommenden Grundbesitzer samt Ehefrauen einlud.
Nach Vorführungen und Rezitationen erklangen Walzermelodien. Ökonomierat Peters, als flotter Tänzer bekannt, forderte der Reihe nach die Ehefrauen aller einflussreichen Bauern zum Tanzen auf und versuchte sie dabei von den Vorteilen der Kleinbahn zu überzeugen und alle Bedenken wegzuwischen, was ihm offensichtlich gelang.
Tatsächlich schafften es dann auch die Frauen, ihre Ehemänner umzustimmen, wobei vielleicht auch die Stimmung am Abend, die Bowle und ein höherer Verkaufspreis dazu beigetragen hatten. 12