Die Landwirtschaft hat stets die Entwicklung der Landschaft bis hin zu Kulturlandschaft beeinflusst. Daneben spielten selbstverständlich auch die Veränderung des Klimas und die Entwicklung der Bevölkerung in Dithmarschen eine wichtige Rolle. Unser Bereich wurde vor etwa 3000-5000 Jahren besiedelt. Die Siedlungen lagen alle auf der Geest, und die Bewirtschaftung der ersten Flächen erfolgte ebenfalls hier.1
Die fruchtbare Marsch wurde dagegen immer wieder überflutet, so entschied man sich bereits im Mittelalter für den Deichbau.
Zahlreiche schwere Katastrophen wie Deichbrüche und Überschwemmungen kosteten Menschen und Tieren das Leben. Dies waren immer wieder Rückschläge für die Entwicklung der Landwirtschaft. Im Hennstedter Bereich brach der Deich im Zeitraum von 1790 bis 1800 dreimal. Durch Sturmfluten ging zwar Land verloren, aber durch nachhaltige Anstrengungen zur Bedeichung und Sperrwerke wurde das Land dauerhaft gesichert. Dadurch vergrößerte und stabilisierte sich die landwirtschaftliche Fläche.
Nach der Schlacht bei Hemmingstedt wurde von selbstbewussten und eigenständigen Bauern in Dithmarschen gesprochen. Man hatte Kontakte zur Hanse und trieb Viehhandel mit England. So entwickelte sich ein System der Selbstverwaltung. Es gab eine flächendeckende landwirtschaftliche Nutzung. In den Dörfern gab es die bäuerlichen Höfe, die heute noch eine Besonderheit im Landschaftsbild darstellen.
Obwohl die freie Bauernrepublik Dithmarschen im Jahr 1559 endete, gab es danach keine Leibeigenschaft. Diese Entwicklung geht auf die Maßnahmen zur Landgewinnung und Entwässerung zurück, die nur in der Gemeinschaft zu bewältigen waren. Dies stärkte die bäuerlichen Strukturen, so dass der Adel schon im 13. Jahrhundert in Dithmarschen eine untergeordnete Rolle spielte, das Land verließ oder sich auch genossenschaftlich organisierte. So gab es auch keine großen Güter, im Gegenteil waren im Jahr 1775 von der gesamten ‚Feldmark’ nur 20 % in Privatbesitz und 78,5 % noch im Besitz der bäuerlichen Gemeinschaften.
Vor ungefähr 250 Jahren, gab es ab 1766 in Schleswig-Holstein ein Gesetz zur Agrarreform. Die damit verbundene „Verkoppelung“ änderte die Bodennutzung grundlegend: Aus gemeinsamem Besitz in den Dörfern wird Privateigentum. Die gemeinsame Bewirtschaftung wird aufgehoben und nun die Nutzung von den einzelnen Besitzern selbständig entschieden.
Zur Abgrenzung des Besitzes vom Nachbarn wurden Knicks angelegt.
Bisher regelten die „Meenten“- Verfassungen in den Dörfern die Bestellungen des gemeinsamen Besitzes der Ackerflächen in `Flurzwang`, d.h. in gegenseitiger Abstimmung des Fruchtanbaus. Nun wurden die genossenschaftlich bewirtschafteten Ländereien aufgeteilt, wobei die Bodengüte und die Anteilsgröße möglichst gerecht beurteilt werden mussten. Das betraf nicht nur die urbaren Gebiete, sondern auch andere Teile des Gemeinbesitzes „Allmende“, wie Wald, Heide, Moor, Sandkuhlen.2
Begriffe aus der Zeit vor und nach der Verkoppelung
Das Meentwarken:
Darunter verstand man Arbeit für die Bauerschaft. Es waren Hand- und Spanndienste. Heute sind sie teilweise noch in manchen Dörfern vorhanden. Mindestens Straßenreinigung, auch Mitarbeit der Landbesitzer beim Erstellen und der Pflege der Knicks sowie bei Erhaltungsmaßnahmen der Feldwege. Bei der Verkoppelung wurden die Wälle gemeinsam errichtet. Der Arbeitseinsatz und der Zeitpunkt waren ursprünglich in den ‚Beliebungen’ der Dörfer festgelegt.
Meenthaber:
Er ist der Nutzer der Meenten.
Meente/Allmende:
Gemeinsamer Besitz der Bauerschaft des Dorfes und genossenschaftliche Bewirtschaftung, z.B. Flurzwang und gemeinsame Viehweiden (gemeinsamer Viehauftrieb). Auch Moore, Wald, Heide, Sandkuhlen und Wiesen gehörten der Gemeinschaft.
Bauerschaft:
Die Meenthaber, Gesamtheit aller Bauern mit Landbesitz. Die B. hielt Versammlungen ab und wählte einen Vorsitzenden, den Bauerschaftsvorsteher, oder Bauervogt. Er war als Gevollmächtigter auch Mitglied der Kirchspielsversammlung und wurde für drei Jahre gewählt. Er führte die Beschlüsse der Bauerschaft aus und vertrat ihre Interessen.
Hufner:
Er gehörte der Bauerschaft an und konnte die Gemeinheitsländereien (Allmende) mitnutzen. In den Gemeindeangelegenheiten hatte er Mitspracherecht. Durch die Hofteilungen kam es zu Teilhufen wie: Halbhufner, Viertelhufner, usw.
Kätner:
Bewohner einer Kate, der an die Dorfgenossenschaft gebunden oder ein unabhängiger Tagelöhner war. Mit Druck ihrer Forderungen wurden sie in unterschiedlichster Form an den Rechten der dörflichen Genossenschaft beteiligt wie Holz-, Torf-, Heu-, Weiderechte (Nutzung der Genossenschaftsgüter). Sie waren die Verlierer der Verkoppelung, weil dabei hauptsächlich die Interessen der Voll- und Teilhufner berücksichtigt wurden.
Insten:
Dieser im 17. und 18. Jahrhundert gebräuchliche Begriff bezeichnete Menschen ohne eigenen Wohnraum und eigenes Land. Sie stellten die unterste soziale Stufe im Dorf dar. Sie mussten ihren Wohnraum mieten. Die Miete wurde durch Geld- oder Arbeitsleistung erbracht. Zu ihnen gehörten die Mägde und Knechte.
Beliebung (Willkür):
In der Beliebung eines Ortes war das Zusammenleben durch rechtliche Normen und Handlungsvorschriften geregelt.
Herrengelder:
Steuerpflicht gegenüber dem Landesherren, Korngeld oder Bede als Grundsteuer und Verbittelsgeld
Die Meentenverfassung prägte über viele Jahrhunderte den Aufbau der Bauerschaften in den Dörfern. Sie bildete die „Gerechtigkeit“, d.h. das Recht an der Meente und der Teilhabe an der „Regierung“ im Dorf. Die Verfassungen wurden auch „Beliebungen“ genannt und hatten ihre Bedeutung bei Streitigkeiten, besonders die Hufner, Vollbauern, die ein Bauernhaus und eine Hofstätte hatten. 3
Die Entscheidungen über das Wege-. Wasser- und Brandwesen wurde im Rahmen der Selbstverwaltung der Bauerschaftsversammlung durch die Hufner getroffen. Ohne Stimmrecht waren die Kätner und Insten. Sie hatten nur wenig Landbesitz und wenig Tiere.
Im Vorwege der Verkoppelung fanden die Vermessung der Flächen und deren Beurteilung statt. In Hennstedt wurde die Vermessung schon 1775 vom beeidigten Landmesser C. Süncksen aus Eiderstedt durchgeführt. Damals erhoben 104 Hennstedter und 24 auswärtige Bauern Anspruch auf Zuteilung von Ländereien. 4
Am 13. Februar 1779 wurde schließlich auf königliche Verordnung das Verkoppelungsgesetz verkündet.
Die Aufteilung der ‚Meenten’ erfolgte in Hennstedt ab 1780. Das betraf die Flächen um das Dorf herum. Jeder Berechtigte erhielt neben seinem Acker Anteile an Weiden, Heide, Wiesen Moor und Wald.
Der Prozess zog sich über mehrere Jahrzehnte hin. Dies führte zwar zur Zerstückelung der nutzbaren Flächen, stärkte aber bei den Bauern das Interesse an gewinnbringender Arbeit. Die neuen Eigentümer grenzten sich nun von den Nachbarn ab durch Errichtung von Knicks mit Buschwerk und Gräben, die die Flächen vor Viehvertritt und Winderosion schützen sollten. Es gab eine genaue Anweisung, wie die Knicks angelegt werden mussten. Heute sind diese Anweisungen noch genauer und sorgen bei den Landwirten immer wieder für Aufregung. Es ist der Aufbau der Knicks geregelt und der Abstand, der zu den zu bearbeitenden Flächen gehalten werden muss.5 Die Verkoppelung brachte die Systemänderung, und es entstand im Wesentlichen die heutige Struktur der Feldmark und Landschaften in Schleswig-Holstein.
Die Knicklandschaft prägt unsere Heimat Dithmarschen und Schleswig-Holstein.
Die Landwirtschaft wurde bis ins 19. Jahrhundert sehr ‚extensiv’ betrieben. Der Stoffkreislauf wird als geschlossen bezeichnet. Das Ergebnis war, dass den Äckern Nährstoffe entzogen wurden. Erst als der Mineraldünger Anfang des 20. Jahrhunderts eingeführt wurde, ergab sich eine Verbesserung der Böden und eine intensivere Nutzung. Auch Drainagen wurden nun gelegt. Man versuchte, weiteres Ackerland zu gewinnen, indem man Moore entwässerte und Heideland umbrach. Das führte leider zu einem erheblichen Verlust bei den Pflanzen- und Tierarten. Wertvolle Feuchtgebiete gingen verloren.
Diesen Umwandlungsprozess gibt es seit ungefähr 150 Jahren. Auch Naturkatastrophen wie Dürre, Hagelschlag, Überschwemmung und Schädlingsinvasion, Seuchen und Misswuchs konnte der Landwirt nun besser begegnen. Die Ernten wurden besonders seit Mitte des vorigen Jahrhunderts durch den Einsatz von Maschinen und Chemie stark verbessert.6
Die in den 80er Jahren durchgeführten Flurbereinigungen in Hennstedt ermöglichten es, dass die neuen Flächen mit Maschinen besser bearbeitet werden konnten. Es entstanden immer mehr Nutzflächen, und dadurch verbesserten sich die Erträge. Die effektivere Nutzung führte dann teilweise zu einer Überproduktion. Aber auch eine Gegenbewegung in Form einer Renaturierung begann.7
Die Pferde wurden durch die fortschreitende Mechanisierung bis hin zu selbstfahrenden Arbeitsmaschinen (Mähdrescher oder Schlepper/Trecker) immer mehr ersetzt. Auch Auswirkungen auf die Gesamtzahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten blieben nicht aus.
So ist die Entwicklung der Landwirtschaft in den letzten 100 Jahren durch die Technisierung und Entwicklung von Düngemitteln und Pflanzenschutz geprägt. All das kostete aber auch Geld. Der Kapitalbedarf stand und steht dabei der Ertragssteigerung gegenüber. In der Landwirtschaft in Hennstedt verlegte man sich zuerst auf Schweinezucht und dann später auf Rinderzucht und Milchviehhaltung. Das Ergebnis ist aber bis heute, dass die Zahl der Betriebe über die Jahrhunderte bzw. Jahrzehnte stark abnahm. Dies war auch in Hennstedt der Fall. Die Betriebe in Hennstedt waren auf Milchviehhaltung mit eigener Aufzucht ausgerichtet. Insgesamt gab es 1980 noch 58 landwirtschaftliche Betriebe.
Stellvertretend sind einige Betriebe genannt:
Hofstelle E. Boje und K. Hansen
Hofstelle G. Boye
Hofstelle W. Peters
Hofstelle K. Ötjens
Hofstelle J. Käseler
Hofstelle F. Rink
Hofstelle G. Peters
Hofstelle E. Hinrichs
Hofstelle O. Lindemann
Hofstelle R. Brandt
Hofstelle A. Svenson
Hofstelle E. Thiele
Hofstelle A. Sievers
Hofstelle L. Sievers
Weitere Höfe im Ortsteil Pferdekrug:
Thiessen,
Maltzen,
Dethlefs,
Diener im Ortsteil Horst:
Friedrichs,
Claußen,
Mommens
Von diesen Hofstellen ist etwa die Hälfte übrig geblieben. Hinzu gekommen sind: Ludwig Clausen, Carsten Jebe, Andre Hinrichs
Heute wird neben der Milchviehwirtschaft auch der Anbau von Mais betrieben. Es sind in den letzten Jahrzehnten hauptsächlich die Klein- und Mittelbetriebe verloren gegangen. Damit verbunden war auch eine Vernichtung von landwirtschaftlichen Arbeitsplätzen. Viele Flächen im Bereich der Gemeinde Hennstedt werden von Landwirten aus der Umgebung wie Linden, Hollingstedt, Glüsing u. a. bewirtschaftet.9 Der durchschnittliche Betrieb ist heute rd. 69 ha groß. Schaut man 100 Jahre zurück, gab es größere Höfe von 20 – 50 ha und kleinere Hofstellen von 1 –20 ha. 10
Die Landwirtschaft ist seit den 50er Jahren durch den Einsatz von Maschinen und Kunstdünger kalkulierbarer geworden. Die Maschinen brachten eine völlig neue Arbeitsteilung. Der Bedarf an Arbeitern wurde dadurch auch geringer. Die früheren Fachkräfte wanderten ab, teilweise in die größeren Städte. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Bevölkerungszahlen in den Dörfern.
Gleichzeitig erhöhten sich die Kosten der landwirtschaftlichen Betriebe, so dass viele Bauern ihre Höfe nicht mehr rentabel führen konnten und aufgeben mussten. Auch waren die Bauernsöhne oder Töchter oft nicht bereit, den Betrieb fortzuführen, da sie andere Interessen entwickelten oder lukrativere Arbeit gefunden hatten.
Heute ist ein landwirtschaftlicher Betrieb zwar noch abhängig von den natürlichen Ressourcen, aber es spielen auch andere Faktoren eine immer größere Rolle: So werden z.B. bestimmte Produkte wie Mais von der EU subventioniert, so dass überall Mais angebaut wird. Die Ausbreitung dieser Monokultur stört das natürliche Gleichgewicht. Auch in der Tierhaltung tritt der Gedanke an den Profit häufig in den Vordergrund (Massentierhaltung!), gegenüber dem an das Tierwohl und der artgerechten Tierhaltung. Heute müssen die Landwirte ihren Hof betriebswirtschaftlich führen, um konkurrenzfähig zu bleiben und ihr Auskommen zu finden. Sie müssen investieren und rationalisieren, z.B. einen Melkroboter anschaffen oder im Stall einen Spaltfußboden einbauen. Sie müssen für Innovationen aufgeschlossen sein, wie beispielsweise den „ökologischer Landbau“ und auch die globalen Entwicklungen z. B. auf dem Gebiet der „Gentechnik“ kritisch hinterfragen.
Das Bild von der Idylle auf dem Bauernhof gehört der Vergangenheit an; heute trägt der Bauer große Verantwortung gegenüber dem Verbraucher, der seine Arbeit achtet, aber auch Ansprüche stellt. Auch Achtsamkeit gegenüber der Natur wird von den Landwirten erwartet. So kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Landwirtschaft und Naturschutz, nicht nur im unmittelbaren Umfeld sondern weltweit.
Die politische Zielsetzung der Landwirtschaft ist die Ernährungssicherung der Bevölkerung in Verbindung mit der Einkommenssicherung der Landwirte. Die Landwirtschaft gestaltet den ländlichen Raum und ist wichtig für dessen Zukunftsfähigkeit. Es wird ein Beitrag geleistet zum Tourismus, zur Energiewirtschaft und zur Landschaftspflege. Arbeitsplätze werden gesichert und dadurch erfolgt eine Wertschöpfung vor Ort. 17
Die Knicks sind nicht nur Grenze, sondern schützen außerdem vor Erosion. Für viele Lebewesen bieten die Knicks einen idealen Lebensraum.
Der südliche Teil der Gemeinde schon mit der neuen Flurteilung auf der Varendorfschen Karte, Blatt 6 und 7 (1789-96). Genordeter Ausschnitt auf Grundlage des Nachdrucks, Landesamt für Vermessung SH 1989.