Nach der Kapitulation einigten sich die Alliierten für die Nachkriegsordnung in Deutschland auf fünf Ziele (die fünf „D“s): Demontage, Demilitarisierung, Denazifizierung, Demokratisierung und Dezentralisierung.44 In Hennstedt war die De- bzw. Entnazifizierung ein Thema, gab es doch viele NSDAP-Angehörige, die häufig auch das goldene Parteiabzeichen hatten. Führende Personen wurden verhaftet und ein Verfahren gegen sie eingeleitet. Besonders der Ortsgruppenleiter H. Sierks musste sich den Vorwürfen stellen, lange Jahre im Dienste der NSDAP gestanden zu haben. Er kam im August 1945 zunächst nach Rendsburg in Haft, später nach Neumünster.45 In dieser Zeit konnten die Angehörigen ihm noch persönliche Dinge zukommen lassen. Danach wurde er in das Internierungslager Eselheide bei Bielefeld eingewiesen, wo ein strafrechtliches Spruchgerichtsverfahren gegen ihn stattfand.46 Von den Amerikanern war ein Fragebogen entwickelt worden, der auch von den Engländern eingesetzt wurde, mit dessen Beantwortung der Grad der Schuld der Angeklagten erfasst werden sollte. Es wurden fünf Kategorien festgelegt: Hauptschuldige, Belastete, Minderbelastete, Mitläufer, Entlastete und Nichtbetroffene.47
Der ehemalige Ortsgruppenleiter der NSDAP in Hennstedt wurde in seinem Verfahren als Mitläufer eingestuft. Zu seiner Entlastung lag dem Gericht eine eidesstattliche Versicherung von Propst Peters aus Hennstedt vor („Persilschein“), in dem dieser ausführt, „dass Herr Sierks in keiner Weise ein sogenannter übler Nazi war. Mit ihm konnte jeder, ob Parteigenosse oder nicht, gut auskommen“.48 H. Sierks wurde zu vier Monaten Haft und 2.000 RM Geldstrafe verurteilt. Die Haftzeit galt durch die Internierung als abgegolten. In der Urteilsbegründung heißt es: „Der Angeklagte ist als Ortsgruppenleiter von Hennstedt über Heide nach dem 1. September 1939 (gemeint ist: immer noch) Mitglied des politischen Führerkorps gewesen (…)“. 49 Im Dezember 1947 konnte er nach Hennstedt zurückkehren. Fortan führte er seinen Hof; öffentliche Ämter bekleidete er nicht mehr, wurde aber Mitglied in einigen Vereinen.50
Schon 1951 wurde vom Landtag das „Gesetz zur Beendigung der Entnazifizierung“ verabschiedet. Damit wurden Mitglieder der NSDAP entlastet und amnestiert.
In den drei Westzonen wurden bis 31.12.1949 2,5 Millionen Verfahren durch Spruchkammern entschieden. 1,4 Prozent wurden als Hauptschuldige und Belastete, 54 Prozent als Mitläufer, sechs Prozent als NS-Gegner eingestuft. Bei 34,6 Prozent wurde das Verfahren eingestellt.
Umzug der „Vogelgilde“ in den 50er Jahren. An zweiter Stelle vorne Kreispräsident und MdB Hermann Glüsing ("Hermann Bonn") und der frühere Bürgermeister Heinrich Sierks