Der Chorgesang hat im Musikleben unseres Dorfes eine lange Tradition.
Die ”Hennstedter Liedertafel” kann auf viele Jahre des Männergesangs zurückblicken: 1857 schlossen sich 14 Männer zu einem Verein zusammen, der noch heute aktiv ist.
Als erste Mitglieder sind folgende Männer aufgeführt: Edens, Chopie, H. Ottens, W. Ottens, H.v.d.Heyde, Kröger, Blender, Bockholdt, Luckmann, Krey, W.v.d.Heyde, C. Peters, Jargstorff, J. Möller.
Zum `Liedermeister`wurde der Organist Martensen ernannt, und die Chorleitung übernahm der Kantor Jargstorff. In späteren Zeiten wurden als Nachfolger Hargens und Ruge genannt; mit dem Rektor und Kantor Petersen wurde es üblich, den Kantor oder einen musikalischen Lehrer zum Dirigenten zu machen. Dies wurde so beibehalten bis in die Zeit nach dem ersten Weltkrieg. - Die Aktivitäten eines Chores werden besonders durch den ersten Vorsitzenden bestimmt: Hier soll nur Claus Schrum erwähnt werden, der mit großem Engagement das 50jährige Bestehen der Liedertafel ausrichtete. Das Jubiläum wurde zu einem Sängerfest ausgestaltet, an dem 14 andere Chöre der Region teilnahmen. Außer dem Festkonzert gab es einen Umzug durch das geschmückte Dorf sowie abendliche Tanzveranstaltungen in den Gasthöfen `Kaisersaal´, `Deutsches Haus` und `Zur Linde`. Der Vorsitzende des Festausschusses war der Hennstedter Arzt Dr. A. Klünder, er komponierte auch das Chorlied `Kaiser–Wilhelm –Kanal`, das nun die Hennstedter Liedertafel zum Jubiläum uraufführte.
Die ausgeprägte Sangesfreude in der Kaiserzeit führte 1908 zur Gründung des „Sängerbundes Norderdithmarscher Geest” (SBNDG). Ihm gehörten außer der Hennstedter Liedertafel 14 weitere Chöre der Region an, u.a. diejenigen, die an der Strecke der Kleinbahn lagen. Jährlich wurde nun ein Sängerfest von einem der beteiligten Chöre ausgerichtet, 1911 von der Hennstedter Liedertafel: ”Zum Fest hatte das Dorf Fahnenschmuck angelegt. Auf der Hofstelle der Familie von Leesen war das geräumige Festzelt errichtet...der Gemeindevorsteher P.W. Stahl hielt die Festrede...zwei Tage nach dem Hauptfest versammelte sich Hennstedts Jugend zum Kinderfest, das nachmittags im Festzelt abrollte, danach schloss sich abends die interne Nachfeier der Liedertafel an.”....”Das Bundesfest blieb ein Glanzpunkt im gesellschaftlichen Leben des damaligen Hennstedt, und die auswärtigen Vereine fühlten sich wohl in unserem gastfreien Ort.” 20
Der 1. Weltkrieg führte dazu, dass das Vereinsleben des Sängerbundes ruhte. Erst 1921 wurden die Übungsabende wieder aufgenommen, doch wechselten die Vorsitzenden aus Alters- oder Gesundheitsgründen schon nach wenigen Jahren. Aber den engagierten Dirigenten Joraske (Lehrer) und Schierhorn (Musikdirektor in Heide) war es zu verdanken, dass die Liedertafel ihr 70jähriges Jubiläum erfolgreich feiern konnte
– wieder in Verbindung mit der Teilnahme eines Sängerbundes, nämlich des ”Dithmarscher SB” in Hennstedt. (Aus dem SBNDG war man inzwischen ausgetreten). ”Nicht weniger als 16 Vereine mit 240 Sängern nahmen daran teil. Auf dem Marktplatz ragte ein mächtiges Doppel-Festzelt empor, und 6 Extrazüge der Kleinbahn brachten die Sänger aus den verschiedensten Teilen des Dithmarscher Landes nach Hennstedt.” 21
Sängerfeste in früherer Zeit waren besondere Höhepunkte im Dorfleben: Die Häuser waren mit Blumen und Fahnen geschmückt, es gab `Willkommen`-Schilder, an den Dorfeingängen waren Ehrenpforten errichtet, wo kleine Mädchen den Ankommenden Blumen streuten, und dem Sängerzug voraus ritt ein historisch gekleideter Herold.
Zum Ehrenvorsitzenden der Liedertafel wurde der Arzt Dr. Wrede gewählt, dem ja durch seine Tätigkeit viele Sänger persönlich bekannt waren, was sich positiv auf den Zusammenhalt des Chores auswirkte. Auch seine Ehefrau trug dankenswerterweise dazu bei, indem sie das Liedertafel-Banner von 1865 restaurierte.
Der 31.03.1928 ging in die Annalen der Liedertafel ein: Das war nämlich der Tag der Aufführung einer Oper, welche die Männer einstudiert hatten. Es handelte sich um die Oper ”Preciosa”, die in historischen Kostümen dargeboten wurde und so großen Anklang fand, dass die Hennstedter damit auf „Gastspielreisen“ gingen. Dabei jubelte ihnen insbesondere die weibliche Jugend des jeweiligen Ortes zu, was wiederum die eifersüchtige männliche Jugend dieses Ortes zu Handgreiflichkeiten veranlasste.
Diese Ereignisse gehören zu den schönsten Erinnerungen...
In der NS-Zeit und dem 2.Weltkrieg ruhten die Aktivitäten der Liedertafel.
Erst im August 1947 bereiteten einige Sangesbrüder die Wiederaufnahme der Übungsabende vor, und im September gab es dann das erste Treffen mit 26 Sängern unter Leitung des neuen Dirigenten und Organisten Erwin Ibing. Im selben Jahr wurde auch das 90jährige Jubiläum gefeiert – so gut es in dieser schweren Nachkriegszeit möglich war. Zur Begrüßung sprach der Tenorsänger Emil Heesch die Worte:
”Neunzig Jahre deutsche Lieder, neunzig Jahre deutscher Sang; und wir singen heute wieder, und es ist der alte Klang. Unsre Seele hebt im Liede sich aus Not und Leid empor; drum `Lied hoch`- denn neu erblühte Hennstedts alter Männerchor!”
In den nächsten Jahren stieg die Anzahl der Sänger stark an, da viele Vertriebene sangesfreudig waren, und so leistete der Chor seinen Beitrag zu deren Integration.
Bis Mitte der 50er Jahre wurden alljährlich zwei Feste durchgeführt, im Frühjahr das interne Vereinsvergnügen und im Herbst ein öffentlicher Liederabend mit anschließendem Tanz.
Das erste Sängerfest nach dem Krieg richtete der `Dithmarscher Sängerbund`1949 in Büsum aus, und die Hennstedter Liedertafel nahm erfolgreich daran teil. Auch der SBNDG wurde wieder aktiv und veranstaltete 1951 das Sängerfest in Schlichting, an dem die Sangesbrüder mitwirkten. Ein Höhepunkt in der Geschichte der Liedertafel war die Feier zum 100-jährigem Bestehen im Juni 1957. Dabei wurde dem Chor eine besondere Ehre zuteil: Der damalige Kreispräsident H. Glüsing überreichte die vom Bundespräsidenten verliehene ”Zelterplakette”.
In den Folgejahren gab es im Chor noch manche Veränderung, auch die Dirigenten wechselten häufig, und so schmolz die Sängerzahl in den 60er Jahren sogar auf unter 20 zusammen. Doch der damalige Vorsitzende H.Schirmacher hielt die Männer zusammen, so dass der Verein weiterhin bestehen konnte.
In diese Zeit fielen auch Versuche des neu gegründeten Frauenchors, sich mit der Liedertafel zu einer Chorgemeinschaft zu vereinigen. Erst viel später, nämlich 1993, kam es dann auch dazu, wobei die Männer und die Frauen jeweils ihren eigenen Verein beibehielten.
Viele Übungsabende dienten der Pflege des Deutschen Liedguts, viele Dirigenten wechselten sich dabei ab, es wurden diverse Sängerfeste veranstaltet, aber bis zum heutigen Tag gab es keinen Stillstand im Singen – wenn auch die Zahl der Sänger nicht konstant blieb.
Das bisher letzte Sängerfest, das von der Liedertafel ausgerichtet wurde, fand zum 150jährigen Bestehen in Hennstedt 2007 statt. Es wurde von der Liedertafel in Gemeinschaft mit dem Frauenchor gestaltet und war ein voller Erfolg.
Besonders erwähnenswert ist, dass zu diesem Zeitpunkt 2 Sänger für 60 Jahre aktives Singen ausgezeichnet wurden: Heinz Schirmacher und Rudolf Brandt. Der Vorsitzende W. Rief überreichte die Ehrenteller. Bis zum heutigen Tag besteht die Hennstedter Liedertafel – wenn auch die Mitglieder schwinden – und die Männer haben Freude am gemeinsamen Gesang mit dem Frauenchor. Das zeigt sich auch bei gemeinsamen Auftritten, bei denen alle ihr Bestes geben!
Liedertafel 1968
1.R. v. links: Richard Boje, Hans Lorenzen, Hermann Boe, Otto Martens (Chorleiter) Heinz Schirmacher, Walter Braun, Wilhelm Glindemann
2.R.: Ernst Fölster, Otto Meeder, Richard Kraaß, Karl Heesch, Heinrich Grilk, Gerhard Böttke, Hans-A. Rehbehn, Hans-H. Dresler, Walter Lorenzen, Fritz Jacobs, Peter Rehbehn
3.R.: Rudolf Brandt, Hans Seyer, Karl Zins, Manfred Löwenstein, Franz Hassa, Heinrich Rolfs, Günter Hassa.
Liedertafel 2007 mit Lali Sporn