Zeitreise Eine Auswahl:

Erster Weltkrieg - 1914-1918

Mit der Ermordung des österreichischen Thronfolgers – dem Attentat in Sarajewo – ergab sich die sogenannte Julikrise. Es folgten die verschiedenen Mobilmachungen. Als erstes brach  der Krieg zwischen Österreich-Ungarn und dem Königreich Serbien, das durch Russland unterstützt wurde, aus. Das Deutsche Reich unterstützte die Donaumonarchie. Weiterhin waren das Osmanische Reich und Bulgarien deren Verbündete.
Serbien und Russland wurden unterstützt durch Frankreich und Großbritannien.
Viele andere Länder (z.B. Japan, Italien, Portugal, Rumänien, Griechenland, USA) kamen dazu.
Zum Schluss waren es 25 Länder und 1,3 Millionen Menschen, die sich im Kriegszustand befanden. Am Ende des verheerenden I. Weltkrieges hatten 9 Millionen Soldaten und 6 Millionen Zivilisten ihr Leben verloren.
Die anfängliche Euphorie im Jahr 1914 für den Krieg wich bald der Ernüchterung, da der deutsche Vormarsch an der Marne gestoppt wurde. Danach gab es in den folgenden Jahren einen sehr verlustreichen Stellungskrieg, und die Schrecken des Krieges lösten Verzweiflung aus.

Auch in Hennstedt zogen die Männer in den Krieg, der Lehrer Hans Petersen aus Hennstedt schilderte später seine Erlebnisse:
„...nachdem ich zwei Jahre und fünf Monate aktiv am Kriege teilgenommen hatte, (wurde ich) infolge Verwundung vom Heeresdienst entlassen. Ich war einer der Ersten von der Ortschaft, welche zur Fahne gerufen wurde. Nach und nach wurden aber immer mehr eingezogen, da der Krieg sich so sehr in die Länge gezogen hat. So sind jetzt im Ganzen 16 Männer von hier einberufen worden. . . .Im Oktober des Jahres 1915 kam ich nach der Champagne. Hier führten wir ein sehr trauriges Dasein; denn neben dem Feinde hatten wir hier noch sehr viel mit der Witterung zu kämpfen. Wie wir dahin kamen, war die Herbstoffensive noch nicht beendet, und da der Feind ziemlich weit vorgerückt war, hatten wir hier noch keine Stellungen und auch keine Unterstände. Da die Champagne durchweg einen Kreidesteinboden hat, war dieses keine leichte Aufgabe. So mussten wir auch bis Mitte Dezember arbeiten, um einen Graben und Unterstände fertig zu stellen. Bis dahin mussten wir gerade während der Regenzeit immer unter der Zeltbahn übernachten, welches kein erfreuliches und gemütliches Lager nach den ungeheuren Anstrengungen war. . . .kam ich ...an die Front nach Verdun. Hier kam ich zum aktiven Regiment 5/84. Nachdem ich hier reichlich zwei Monate mitgekämpft hatte, wurde ich im Handgranatenkampf verwundet. Hier musste ich von morgens 8.00 bis nachts 12.00 Uhr liegen bleiben auf dem Schlachtfeld, bevor ich zurückgebracht werden konnte. . . .Infolge der Verwundung habe ich mir ein Beinleiden zugezogen, welches auch der Grund meiner Entlassung aus dem Heeresdienst ist. Ich habe Gott gedankt, dass er seine schützende Hand über mir gehalten hat, und ich war froh, als ich am 1.März d.J. meine Arbeit mit den mir liebgewordenen Schulkindern wieder aufnehmen konnte.“ 22

Schon im ersten Kriegsjahr verschlechterte sich überall die Lebensmittelversorgung. Ab 1915 wurden die meisten Nahrungsmittel im Reich streng rationiert. Im Winter 1916/17 waren nach einer Kartoffel-Missernte Steckrüben ein Hauptnahrungsmittel. Infolge von Unterernährung starben bis zu 750 000 Deutsche – besonders in den Städten. In Hennstedt und auf dem Lande allgemein war die Notlage weniger spürbar, und so erklärten sich viele Landwirte bereit, in den Sommermonaten Kinder aus den Großstädten aufzunehmen, um sie mit zu ernähren. Ihr Schulbesuch fand dann in der Dorfschule statt.
Zum Lebensmittelmangel kam es durch die englische Seeblockade auch zu einem empindlichen Rohstoffmangel, so dass Ersatzstoffe entwickelt wurden, beispielweise wurde Kleidung aus Papier- oder Pflanzenfasern wie z.B.Brennnesseln hergestellt.

In der Schulchronik der Eiderlandschule befindet sich ein Gutachten des Landesgewerbeamtes, betreffend der  Pflege des Strickens und anderer Nutzarbeiten im Nadelunterricht (1916):
Die Not des Krieges und die zu erwartende ungünstige wirtschaftliche Lage nach dem Kriege verlangen gebieterisch, dass jeder Haushalt bemüht sein muss, sich seinen Bedarf auf dem billigsten Wege zu beschaffen. Deshalb muss die heranwachsende weibliche Jugend auch darüber belehrt werden, wie bei der Beschaffung der Strümpfe, die einen wichtigen und teuren Bestandteil unserer Kleidung bilden, zukünftig vorzugehen sei. Vor allen Dingen ist darauf aufmerksam zu machen, welche große Verschwendung darin liegt, leichte und billige maschinengestrickte Strümpfe aus schlechtem Rohstoff zu kaufen, die sehr schnell zerreißen und nicht ausgebessert werden können, also fortgeworfen werden müssen, und dass es bei weitem vorteilhafter ist, Strümpfe aus gutem dauerhaftem Rohstoff zu tragen, die eine lange Tragedauer besitzen, weil sie wiederholt durch Ausbessern wieder brauchbar zu machen sind. Weiterhin müssen die Mädchen davon überzeugt werden, dass das Stricken eine mühelose Füllarbeit ist, die ohne Anstrengung bei geselligen Zusammenkünften und neben anderen Arbeiten, die keine dauerhafte Aufmerksamkeit verlangen z.B. Kochen, Kinderbeaufsichtigung usw., ausgeführt werden kann.
Bei den praktischen Anweisungen und Übungen ist dem Ausbessern und Erneuern große Aufmerksamkeit zuzuordnen. Nicht allein das Stopfen ist zu üben, sondern auch das Ersetzen größter Teile, z.B. das Einstricken der Spitze des Füßlings und das Einstricken der Ferse. . .(im Folgenden wird erläutert, dass diese Kenntnisse nützlich seien, da sie auch auf das Ausbessern von Soldatenstrümpfen anzuwenden seien. . .) Vor allen Dingen sind die neu auszubildenden Lehrerinnen mit allen einschlägigen Arbeiten bekannt zu machen. Auf das Vorhandensein solcher Kenntnisse wäre bei den Prüfungen besonders zu achten.

. . . in Zukunft mehr auf das Erhalten . . . durch Stopfen, Flicken, Umändern und auf das Nutzbarmachen von Stoffresten Wert gelegt werden. . . . muss durch Berechnungen, die den praktischen Unterricht begleiten, bewiesen werden, welchen Wert diese Arbeiten für  Einzelwirtschaft und Volkswirtschaft haben. 23

Die Entbehrungen und die vielen Kriegstoten verstärkten in Deutschland den Friedenswunsch, später kam dann die Forderung nach Abdankung des Kaisers hinzu.
Der Krieg hatte viele Opfer gefordert. Aus Schleswig-Holstein starben 58.000 Personen, das sind ca. 3,4 % der Bevölkerung. Im Deutschen Reich mussten 2,03 Millionen ihr Leben lassen, das waren 2,1 % der Bevölkerung (1913: 67 Millionen). Im Hennstedter Bereich waren es nahezu 200 Personen (siehe Anhang), die gefallen waren  oder vermisst wurden.

Kriegsanleihe

Zur Finanzierung von Kriegen wurden in der Vergangenheit Kriegsanleihen als verzinsliche oder unverzinsliche Wertpapiere ausgegeben. Der Kredit ging meistens direkt an die Regierung. In der Werbung appellierte man häufig an den Patriotismus der Bevölkerung. In Deutschland wurden im 1. Weltkrieg insgesamt neun Kriegsanleihen im Werte von 98 Milliarden Reichsmark ausgegeben.
Die Kirchspielsgemeinde Hennstedt zeichnete für 12.000.000 Reichsmark für Kriegsanleihen. Das nötige Geld kam von Sparkassen und Privatpersonen. Sogar Schüler wurden in die Propaganda und die Werbung fürr die Kriegsanleihen eingebunden.

Eine der Parolen war: “Wer Kriegsanleihen zeichnet, der verkürzt den Krieg!“
Nach dem Krieg wurde die Kriegsanleihe der Kirchspielsgemeinde aufgrund der fortschreitenden Geldentwertung 1922 fast vollständig verkauft. Aus dem Erlös konnte man sämtliche Kapitalschulden tilgen.

Kriegsnagelung

Um die Unterstützung von Kriegshinterbliebenen, Kriegsverwundeten und Kriegsteilnehmern zu verbessern, wurde Anfang 1915 mit den sogenannten Kriegsnagelungen begonnen.
In Hennstedt wurden im Februar 1916 durch den Kirchspielgemeindevorsteher ausgewählte Personen zusammengerufen, um über die Durchführung einer Kriegsnagelung zu beraten.

Der Nagelung wurde zugestimmt. Für die zur Verwendung kommenden goldenen, silbernen und eisernen Nägel wurden als Mindestnagelung 10 Mark bzw. 3 Mark und 0,50 Mark festgesetzt. Nach oben gab es keine Begrenzung. Verantwortlich für den Zeichnungsentwurf der Nageltafel war der Zeichenlehrer Skurla, unterstützt vom Tischlermeister Christian Sievers und dem Malermeister Heinrich Grilk, die für die Gestaltung der Eichentafel verantwortlich waren. Die Tafel hatte als Symbol einen frei im Felde schwebenden Adler.
Auf beiden Seiten des Adlers konnten Schilder für die Vereine angebracht werden. Das Geleitwort steuerte der Sanitätsrats Dr. med. Klünder bei: „In de isernTid, förd dü̈tsche Rik“.
Im Frühjahr 1916 begann in Hennstedt die Nagelung und anschließend in den zur Kirchspielslandgemeinde gehörenden Gemeinden. Ziel der Nagelung war, mit den Einnahmen, die zinsgünstig angelegt wurden, bedürftig gewordene Kriegsteilnehmer zu unterstützen.
Die Einnahmen und Ausgaben wurden in einem Nagelbuch festgehalten.
Nach Kriegsende konnten einige in Not geratene Kriegsteilnehmer bis zur Höhe von 500,00 Reichsmark ein Darlehen bekommen. Auch hier hatte die Inflation ihre Auswirkungen. Das angesparte Geld verlor schnell an Wert und die „Nothilfe“ musste eingestellt werden. Auf eine Rückzahlung der Darlehen wurde verzichtet.

IN DE ISERN TID FÖRD DÜTSCHE RIK
Die Eichentafel mit den Nagelungen, die heute noch im Amtsgebäude in Hennstedt gelagert wird, erinnert an die Kriegsnagelung und den damaligen Versuch der Gemeinde soziale Unterstützung zu ermöglichen.

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Germania, Tochter von Schmied Frenz Claussen

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Zeitungsannonce: Nach Kriegsende gab es für die Kriegsheimkehrer festliche Begrüßungsfeiern.

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