Wirtschaftsbetriebe und Berufe

Struktureller Wandel

Noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war Hennstedt in wirtschaftlicher Hinsicht größtenteils von der Außenwelt unabhängig. Nur wenige Kontakte gab es zu den nächsten Märkten bzw. Häfen, was in erster Linie auf die schlechten Wegeverhältnisse zurück zu führen war.
Grundlage war die Landwirtschaft, deren Produkte vor Ort verarbeitet und überwiegend verbraucht wurden. Auch die Handwerksbetriebe und Kaufleute waren hierauf eingestellt. Zur Existenzabsicherung hielten sich die meisten von ihnen im Nebenerwerb ebenfalls etwas Nutzvieh.
Was man zusätzlich benötigte, beschaffte man sich mühsam auf unbefestigten Wegen überwiegend aus Heide. Umgekehrt wurden dort an Markttagen auch eigene landwirtschaftliche Produkte verkauft. Durch den beschwerlichen Transport war dies allerdings nur eingeschränkt möglich. Gewichtige Güter wie Kohle für die Meiereien, Kunstdünger, Bauholz für die Zimmereien u.ä. wurden seitens der Lieferanten über die Eider am Horster Hafen angelandet und von dort aus teils mit einem Boot auf dem Töschen zum Hennstedter Löschplatz getreidelt, d.h. vom Ufer aus mit dem Pferd gezogen,  teils auch mit Pferdefuhrwerken durchs Moor befördert. Waren diese Wege durch Überflutung unpassierbar, holte man die Ware auf dem heute noch so genannten ‚Landweg’ vom Delver Hafen.
Die in den hiesigen Ziegeleien gebrannten Steine beförderte man umgekehrt über Horst zum Tönninger Hafen‚ um von dort aus in die „große weite Welt“ verschifft zu werden. Schwertransporte waren schon damals wesentlich leichter auf Wasser- als auf Landwegen zu bewerkstelligen.
Stand der Handwerksbetriebe in Hennstedt einschl. Horst und Pferdekrug im Jahre 1847: 
Neben 42 Landwirten gab es 2 Bäcker, 5 Böttcher, 1 Färber, 1 Gerber, 2 Glaser, 6 Grobschmiede, 2 Korbmacher, 1 Maler, 4 Maurer, 3 Rademacher, 1 Korn- und 3 Grützmüller, 1 Sattler, 6 Schuster, 10 Schneider, 1 Schlachter, 6 Tischler, 1 Uhrmacher, 8 Weber, 1 Ziegelbrenner, 9 Zimmerleute, 2 Kaufleute, 3 Landkrämer, 5 Schiffer und 4 Branntweinbrenner. 1

Die wirtschaftliche Situation änderte sich wesentlich mit der Aufnahme des Betriebes der Kleinbahn im Jahre 1905. Nun konnten im großen Umfang gemästete Schweine abtransportiert und im Gegenzug mehr Kunstdünger eingekauft werden, was auch die Getreideerträge erheblich steigerte. Von diesem wirtschaftlichen Aufschwung profitierten auch die hiesigen Handwerksbetriebe und Kaufleute. – „Geht’s dem Bauern gut, geht’s dem Handwerker gut!“
Stand der Betriebe (nur Hennstedt) um 1900:
4 Schmiede, 2 Klempner, 2 Stellmacher, 3 Tischler, 2 Zimmermeister, 4 Schuhmacher, 1 Sattler, 1 Schlachter, 4 Bäcker, 1 Friseur, 1 Färberei, 1 Wollspinnerei, 2 Schneider, 1 Gärtnerei, 5 Lebensmittelgeschäfte, 1 Buch- und Papierhandlung, 8 Gastwirtschaften.²

Durch die fortschreitende Technisierung der Landwirtschaft im Laufe des letzten Jahrhunderts änderte sich auch die wirtschaftliche Situation im Dorf. Die neuen landwirtschaftlichen Maschinen bedeuteten eine große Arbeitserleichterung; allerdings wurden auch weniger Arbeitskräfte benötigt. Viele Dorfbewohner verloren dadurch ihren Lebensunterhalt, von denen die meisten jedoch dank der besseren Mobilität in anderen Orten, hauptsächlich in der Kreisstadt Heide, einen Arbeitsplatz fanden.
Für die hiesigen Kaufleute hatte es allerdings den Nachteil, dass nun auch vermehrt in der Stadt eingekauft wurde, was zum Rückgang von Kaufläden vor Ort führte.
Stand der Betriebe in Hennstedt um 1950:
1 Böttcher, 2 Stellmacher, 1 Heißmangel, 1 Ofensetzer, Steinmetze, 1 Sattlerei/Polsterei), 2 Zimmereien, 3 Tischlereien, 4 Schuster (davon 2 mit Verkaufsläden), 3-4 Schneider, 2 Schlachtereien, 5 Bäckereien, 5Schmiede u. Schlossereien (darunter 1 Herdfabrik),2 Klempner, 1 Heizungsbauer, mehrere Maurer- und Malergeschäfte, 3 Müllereibetriebe, 2 Gärtnereien, 1Fuhrunternehmen (LKW), 1 Lohndrescherei, 3 Friseurgeschäfte, 1 Fischer, 3 Elektriker, mehrere Viehhändler, 3 Textilläden, 1 Handarbeitsgeschäft, 9 Lebensmittelläden (Gemischtwaren-, Milch-, Fisch- und Obstläden), 1 SüßwarenKiosk, 2 Buchdruckereien, 2 Papierwarengeschäfte, 1 Drogerie, 1 Uhrmacher, gleichzeitig Schmuckwaren, 6 Gastwirtschaften.
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Situation heute
Nur wenige Handwerksbetriebe haben sich im Vergleich zu früher in Hennstedt erhalten, die meisten von ihnen durch Spezialisierung, Vergrößerung oder Erweiterung ihres Wirkungskreises über das Kirchspiel hinaus. Unter den heutigen Unternehmen ragen die Golfanlage auf Gut Apeldör und die Biogas-Anlage im Lindner Koog hervor.  Die Landwirtschaft - einst wirtschaftliche Grundlage des Dorfes – hat sich auf wenige große Rindermast- und Milcherzeugungsbetriebe reduziert. Statt Korn für die Ernährung wird heute hauptsächlich Mais zwecks Energiegewinnung angebaut.
Wiederbelebt wurde der Hennstedter Markttag, der einmal wöchentlich auf dem Marktplatz stattfindet und gut angenommen wird. 
Dennoch - es ist leer geworden in den Straßen von Hennstedt. Die Bürgersteige sind verwaist. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Hennstedter ihren Bedarf fast nur im Dorf einkauften, dabei zu Fuß unterwegs waren und bei zufälligen Begegnungen oft auf ein Schwätzchen stehen blieben und Neuigkeiten austauschten. Vorbei auch der große Bestand an Handwerksbetrieben, der zur Belebung des Straßenbildes nicht unwesentlich beitrug.
Das ‚bunte Leben und Treiben’, wie es eine Zeitzeugin aus ihrer Jugendzeit in Erinnerung hatte und dem sie wehmütig nachtrauerte, dieses Dorfleben gibt es nicht mehr. 

Schuster Rusch und Frau

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Gut gemästete Schweine vor dem Abtransport mit der Kleinbahn – Bahnhof Hennstedt

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Friseur Gehrts

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Kaufhaus Kirchenstraße

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Kaufhaus Stummann, später Rodewald,Süderstraße

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„Putzbüdel“

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