Landwirtschaft und Landschaft im Wandel

Exkurse: Das Leben eines Landarbeiters

Franz Rehbein erzählt in seinem Buch  ‚Das Leben eines Landarbeiters“ von seinen Erlebnissen als Hütejunge, Knecht und Tagelöhner:
Aus Pommern nach Holstein gekommen, beginnt er seine Arbeit mit 14 Jahren als Kuhhirte. Dabei musste er bereits in den ersten Morgenstunden das Vieh auf die Weide treiben und spätestens zum Sonnenuntergang ging es wieder zurück. Der versprochene Lohn wurde ihm nach der Sommerernte nicht ausgezahlt.
Danach schlug er sich als Dienstjunge und Knecht durch, untergebracht in kleinen Räumen dicht neben dem Viehstall und immer zu zweit. Zum Essen gab es morgens und abends stets Buchweizengrütze mit Schleudermilch und ‚Leutebutter’, eine Mischung aus Schmalz und Butter. Mittags gab es ’Klüten’ oder ‚Pankoken’.
Die Arbeitszeit war von morgens 4.00 Uhr bis abends 21.00 Uhr. 
Als Tagelöhner fand er zur Erntezeit Arbeit beim Getreideschnitt, seine Frau als Garbenbinderin. Hier waren Verletzungen der Hände und Finger nicht ausgeschlossen. Nach der Ernte war Arbeit an den Dampfdreschmaschinen angesagt bei einer 18-Stunden- Schicht.
Die Ernährung war mangelhaft, und die medizinischer Versorgung unzureichend. 
Ein Schicksal, das damals von vielen Menschen geteilt wurde.
Im Alter von 30 Jahren wurde ihm an der Dreschmaschine ein Arm abgerissen. Jede soziale Absicherung fehlte. Er schlug sich dann als Straßenhändler und Zeitungsausträger durch, bis er zum Lokalredakteur des „Vorwärts“ in Berlin aufstieg
. 8

Die Landwirtschaft ist seit den 50er Jahren durch den Einsatz von Maschinen und Kunstdünger kalkulierbarer geworden. Die Maschinen brach- ten eine völlig neue Arbeitsteilung. Der Bedarf an Arbeitern wurde dadurch auch geringer. Die frü- heren Fachkräfte wanderten ab, teilweise in die größeren Städte. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Bevölkerungszahlen in den Dörfern.

Gleichzeitig erhöhten sich die Kosten der land- wirtschaftlichen Betriebe, so dass viele Bauern ihre Höfe nicht mehr rentabel führen konnten und aufgeben mussten. Auch waren die Bauern- söhne oder Töchter oft nicht bereit, den Betrieb fortzuführen, da sie andere Interessen entwickel- ten oder lukrativere Arbeit gefunden hatten. Heute ist ein landwirtschaftlicher Betrieb zwar noch abhängig von den natürlichen Ressourcen, aber es spielen auch andere Faktoren eine im- mer größere Rolle: So werden z.B. bestimmte Produkte wie Mais von der EU subventioniert, so dass überall Mais angebaut wird. Die Aus- breitung dieser Monokultur stört das natürliche Gleichgewicht. Auch in der Tierhaltung tritt der Gedanke an den Pro t häu g in den Vorder- grund (Massentierhaltung!), gegenüber dem an das Tierwohl und der artgerechten Tierhaltung. Heute müssen die Landwirte ihren Hof be-

Apeldör

triebswirtschaftlich führen, um konkurrenzfähig zu bleiben und ihr Auskommen zu nden. Sie müssen investieren und rationalisieren, z.B. ei- nen Melkroboter anschaffen oder im Stall einen Spaltfußboden einbauen. Sie müssen für Inno- vationen aufgeschlossen sein, wie beispielswei- se den „ökologischer Landbau“ und auch die glo- balen Entwicklungen z. B. auf dem Gebiet der „Gentechnik“ kritisch hinterfragen.

Das Bild von der Idylle auf dem Bauernhof gehört der Vergangenheit an; heute trägt der Bauer gro- ße Verantwortung gegenüber dem Verbraucher, der seine Arbeit achtet, aber auch Ansprüche stellt. Auch Achtsamkeit gegenüber der Natur wird von den Landwirten erwartet. So kommt es immer wieder zu Kon ikten zwischen Landwirt- schaft und Naturschutz, nicht nur im unmittelba- ren Umfeld sondern weltweit.

Die politische Zielsetzung der Landwirtschaft ist die Ernährungssicherung der Bevölkerung in Ver- bindung mit der Einkommenssicherung der Land- wirte. Die Landwirtschaft gestaltet den ländlichen Raum und ist wichtig für dessen Zukunftsfähig- keit. Es wird ein Beitrag geleistet zum Tourismus, zur Energiewirtschaft und zur Landschaftsp ege. Arbeitsplätze werden gesichert und dadurch er- folgt eine Wertschöpfung vor Ort. 17