Persönlichkeiten

Grete Kruse- Wihr(1895-1997)

Bisher war in Hennstedt nicht bekannt, dass ein 1895 hier geborenes Mädchen später als plattdeutsche Schriftstellerin ihrem Heimatort einige Ehre gemacht hat!
Es handelt sich um Grete Kruse, die ihre Jugend und Schulzeit bis zum zehnten Lebensjahr als Hennstedterin verbrachte – und zwar meist nicht im Ort, sondern auf dem Eiderschiff ihre Vaters. Dieser transportierte mit seinem Ewer ”Aurora” allerlei Waren auf der Eider und den Nebenflüssen, auch auf der Nordsee und auf dem damals gerade gebauten ”Kaiser-Wilhelm-Kanal”. Seine Frau und Tochter machten diese Reisen mit – nur im Winter, wenn die Schifffahrt ruhen musste, lebten sie in einem kleinen Haus in Hennstedt.
Grete Kruse hat im Alter rückblickend über diese Zeit berichtet – sowohl in plattdeutscher als auch in hochdeutscher Sprache.


Als kleine Kostproben stehen hier Begebenheiten aus ihrer Schulzeit:
”Gliek an ersten Dag harr ick Glück. Unse Lehrer frog, wer molan`egrodeWandtofelmolnwull. Dor mellick mi, so mit`n Finger, as Anna mi das wiest harr. Ickmoleengrot Schipp mit beide Seils, unwiel an de lange Siet mehr Platz wär, molickdorAurora hin. Nu frog he, watick ok wüß, watickdorschreben harr. Dor vertellickem, dat min Vadersegt harr, dat wär een fremde Sprokunbidüh: Morgenröte. Unas se mi all ankeeken, sähick, datdit uns Schipp wär, undatick meist söbenJohr – bitop de Winders – mit jümdoropdörch de Welt segelt wär! . . . Denn wull Herr Klembke uns een Märchen vörlesenun harr dat Book vergeeten. He frogkeen von uns wüß, wo he wohn. Wiel Anna bi ehrn Lehrer vörigsJohr den lütten Hansi hödendörf, unick ehr bischuernbisöch, harr se mi in`t nie Schoolhus wiest, wo de Lehrer wohn, de hier de Lütten as Schölers kreeg. Un so mellick mi wedder, unsäh, datickdatwüß. Dor geew he mi den Slötel, unickgüngstoltdormitna`nBöhn. As ick ober herinkäm, seehickgliek, dat he eenbannigesDörcheenanner harr – ungripps, grapps Mokick de gröwste Ordnung. Ja, nu harr dat ober doch`n beten lang duert, undatsäh he denn ok. Ober icksähem, datick erst `klor Schipp` mokt harr, so godickdat so gau harr mokenkunnt!” . . . .8


Grete Kruses Schilderungen ihrer Hennstedter Zeit sind sehr anrührend und lebendig, auch die späteren Jahre sind von ihr in dieser Weise wiedergegeben. Die Schulzeit bis zum Abschluss der Volksschule verbrachte sie mit ihrer Familie in Wellerhoop, wo der Stiefvater Arbeit bei der gerade gebauten Kreisbahn hatte und die Mutter die Bahnhofswirtschaft führte.
Da Grete eine sehr gute Schülerin war, ging sie auf Empfehlung des Pastors auf das Lehrerseminar in Schleswig. Mit zwanzig Jahren war sie dann Lehrerin in Kollmar an der Elbe. Später heiratete sie in die Pfalz, hielt aber immer bis ins hohe Alter Kontakt zur Heimat und schrieb in ihrer Muttersprache viele kleine Geschichten - auch Gedichte - für verschiedene heimatgebundene Zeitungen. So bekam sie auch Kontakt zu anderen Schleswig-Holsteiner Schriftstellern, u.a. zu Rudolf Kienau, Fritz Lau und Paul Schurek. Sie fertigte auch sehr geschickt kunstvolle Scherenschnitte an.
Ihre Artikel wurden meistens in der Beilage zum Rendsburger Tageblatt veröffentlicht. Eine andere Ausgabe ihrer Werke liegt nicht vor; besonders ihre Kindheitserinnerungen wären auch heute noch lesenswert. Und so sind wir dankbar, dass wir aus einem Privatarchiv von dieser Hennstedterin erfahren haben.
Neben ihren Schriftstücken sind von ihr kunstvoll und fein ausgeführte Scherenschnitte überliefert.