„Drittes Reich“ im Dorf

Soziale Außenseiter: „Monarchen“

Am Markt in Hennstedt gab es ein Haus, die 'Herberge zur Heimat',  in dem sich die sogenannten „Monarchen“ und Wanderburschen aufhielten bzw. untergebracht waren (Monarch ist hier „Rotwelsch, Gaunersprache“, und als Kompositum entstanden aus jiddisch makor = Kamerad und jiddisch nechor = Fremdling). Diese Monarchen sollen sogenannte „Asoziale“, Bettler, Landstreicher, „Arbeitsscheue“ und auch Trunksüchtige gewesen sein. Wie viele es waren, konnte nicht ermittelt werden. Der deutschen „Volksgemeinschaft“ wurden diese Menschen von der NSDAP nicht zugerechnet, da sie nicht deren Ideal des gesunden Ganzen entsprachen. Im Haus waren aber auch zeitweilig Handwerker untergebracht, die als Wandergesellen unterwegs waren (z. B. Zimmerleute).
Im Sommer 1938 befand sich die Arbeitslosigkeit im Reich auf dem niedrigsten Stand seit 1929. Die Regierung nutzte diesen Arbeitskräftemangel, um die „Monarchen“ zu registrieren und sie als „letzte Reserve“ zu mobilisieren. In einem vertraulichen Schnellbrief forderte Reinhard Heydrich die Geheime Staatspolizei (Gestapo) dazu auf, Verhaftungen vorzunehmen. Die Begründung, diese Menschen damit zur Arbeit zu verpflichten, diente als Vorwand, sie zu diffamieren und weiter zu verfolgen. Gleichzeitig sollte damit ein abschreckender Effekt auf die Gesamtbevölkerung erzielt werden. Als Wohnungsloser musste man ein „Wanderbuch“ als Ausweis mit sich führen, darin wurden Wanderstrecken und Unterkünfte festgehalten. Besaß man ein solches Buch nicht, konnte man verhaftet werden. Die NSDAP nutze somit ihre diktatorische Macht, um über die „Monarchen“ beliebig zu verfügen. Die Aktion „Arbeitsscheu Reich“ fand vom 13. bis zum 18. Juni 1938 statt. Die in Frage kommenden „asozialen und arbeitsscheuen Elemente“ wurden vom Amtsvorsteher listenmäßig erfasst und über den Landrat an die Gestapo weitergeleitet. 11 Von Zeitzeugen wurde erzählt, dass die Monarchen von einem Tag zum anderen weg gewesen seien – man registrierte dies, machte sich aber weiter keine Gedanken. Es soll sich in ganz Schleswig-Holstein um mehr als 10.000 Verhaftete gehandelt haben. 
Viele dieser Menschen kamen – sofern sie nicht nach eingehender Vernehmung wieder freikamen - vermutlich in die Konzentrationslager (KZ) Buchenwald oder Sachsenhausen, wo sie Zwangsarbeit leisten mussten. „Mehr als die Hälfte der Männer waren un- oder angelernte Arbeiter, die übrigen waren – bis auf wenige Ausnahmen – Arbeiter mit einer Ausbildung oder Handwerker“.12  Sie wurden mit einem schwarzen Winkel an der Häftlingskleidung gekennzeichnet. Später wurden einige Häftlinge im Zuge einer Amnestie (Hitlers 50. Geburtstag) wieder entlassen. Auch ein Monarch wurde später wieder in Hennstedt gesehen. Seiner Erzählung über das Erlebte schenkte man aber keinen Glauben.