„Drittes Reich“ im Dorf

Angepasste evangelische Kirche

Das Verhältnis zwischen NSDAP und der evangelischen Kirche Schleswig-Holsteins war „harmonisch“ und festigte sich teilweise nach 1933 noch. So ordnete das Landeskirchenamt z. B. an, dass „des Geburtstages des Herrn Reichskanzlers in den evangelischen Gemeinden fürbittend gedacht wird“. Außerdem soll „am 20. April des Jahres allgemein mit der Kirchenfahne geflaggt“ werden.17 Ferner wird in einem späteren Schreiben angeordnet, dass die „Geistlichen in Amtstracht den „Deutschen Gruß anzuwenden haben“, ein „Fahneneinzug in die Kirche ist durch Erheben von den Plätzen unter Armheben zu ehren“, auch muss darauf geachtet werden, dass bei Beflaggung von kirchlichen Gebäuden „rechts von der Kirchenfahne die Hakenkreuzfahne und links davon die schwarz-weiß-rote Fahne zu setzen ist“18 Dass die evangelische Kirche an der Seite der Machthaber steht, wird auch auf einer Kundgebung 1933 deutlich, in der der Reichsbischof Ludwig Müller den Landesbischof Adalbert Paulsen in sein Amt einführt: „Unter den Synodalen war das braune Kleid der Armee Adolf Hitlers sehr stark vertreten“. Im Einführungsgottesdienst spricht der Reichsbischof davon, dass durch ein Wunder des lebendigen und ewigen Gottes uns ein großer Führer gesandt sei. Die Sitzung wird mit einem dreifachen Sieg-Heil auf den Reichspräsidenten, den Volkskanzler und den Reichsbischof beendet.19 Diese Glaubensbewegung „Deutsche Christen“ erstarkt nun unter der Führung des Reichsbischofs Müller, er trifft und verantwortet Entscheidungen persönlich (Führerprinzip). Die enge Verbundenheit der „Deutschen Christen“ mit der Ideologie der NSDAP wird in einem Grußwort des Landesbischofs Paulsen an die Gemeinden deutlich: „Wir sehen in der Wende (Wende zum dritten Reich) unserer Geschichte die gnadenvolle Führung Gottes, der uns aus Erniedrigung und Verirrung, aus Ohnmacht und Hoffnungslosigkeit durch die Sendung Adolf Hitlers zu einem neuen Leben und zu einer neuen Zukunft ruft. (…) Die Kirche kann in diesem totalen Staat (…) nur leben und wirken, wenn sie Geist von seinem Geist und Willen von seinem Willen ist. Die Glaubensbewegung „Deutsche Christen“ ist der Ausdruck dieser unbedingten Verbundenheit und unlöslicher Treue zwischen Volk und Kirche“.20 Auch in Hennstedt ist diese Glaubensrichtung vertreten: Pastor Christian Peters, der seit 1923 im Amt ist und „im Frühjahr1933 den „Deutschen Christen“ als Mitglied beigetreten ist“,21  wird im gleichen Jahr zum Propst ernannt. Er ist in der Gemeinde als Seelsorger und Mensch sehr beliebt und über Hennstedt hinaus u. a. auch durch Vorträge bekannt.22 In einem dieser Vorträge mit dem Titel „Christentum und Judentum“ äußert er sich über das Judentum in einer Weise, aus der hervorgeht, dass er der Denkweise der Nazis nahe steht. 23 Im Rahmen der Entnazifizierung konnte Propst Peters später nicht nachgewiesen werden, dass er sein Amt aus politischen Gründen erhalten hatte.24
 

Es ist üblich, dass sich vor der Kirche NS Formationen versammeln. Hier die Motorkraftsportgruppe, links Hermann Claussen (Hannes Bur)

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