Hennstedter Zeitzeugen berichten

Die „Tommies“ kommen

Zwischen der Kapitulation am 5. Mai 1945 und dem ersten Anrollen von englischen Panzern in Hennstedt am 8. Mai herrschte eine spannungsvolle und bedrückende Atmosphäre. Man wusste ja nicht, was auf einen zukam. Allerdings war man mit dem mühevollen und zeitraubenden Organisieren von Lebensmitteln und anderen dringend benötigten Sachen auch abgelenkt. Alle nun belastende Gegenstände wie Waffen‚ Führer-Bilder, Fahnen, Parteiabzeichen und Bücher mit nationalsozialistischem Inhalt hatte man vorher noch schnell irgendwo im Garten vergraben oder in den Wasserkuhlen versenkt. Zeitzeugen berichten auch, dass mit der Kapitulation über Nacht alle Soldaten und ihre Einheiten verschwunden waren. 
Die ‚Tommies‘, wie die englischen Soldaten genannt wurden, richteten hier als erstes ihre Hauptkommandatur im heutigen Pastorat ein, besetzten noch andere Häuser, die vorher bereits mit Ausgebombten und den ersten Flüchtlingen zusätzlich belegt waren, konfiszierten alles, was sie an Möbeln und Geräten brauchten. Mit äußerster Strenge setzten sie ihre vielen Anordnungen durch und bestraften bei Nichtbefolgung mit großer Härte. Die Kinder wurden von ihnen allerdings ab und zu mit Süßigkeiten, die es sonst kaum noch für sie gab, verwöhnt.
Erzählt wird von einem Vorfall, der mit der von den Engländern verhängten Ausgangssperre zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr morgens zusammenhing. Ein Hennstedter wollte in dieser Zeit nur mal schnell ‚aus der Tür gucken‘, was aber die kontrollierende britische Besatzung in ihrem Panzerspähwagen bemerkte. Da hieß es gleich in scharfem Befehlston: ‚Come on!‘  Ein paar Straßen weiter sah ein Bekannter, der sich ebenfalls ‚nicht so ganz‘ an die Ausgangssperre hielt, ihn oben auf dem Panzer stehen und fragte erstaunt: ‚Was machst Du denn da oben?“ Prompt hieß es auch für ihn: ‚Come on!`  Beide hatten Glück, kamen nur für eine Nacht in Heide in Haft und waren am nächsten Tag wieder ‚at home‘. War noch während des Krieges der Ortsgruppenleiter für die Überbringung von Todesnachrichten an Familienangehörige zuständig, übernahm dieses danach u.a. das Rote Kreuz. Den Tod ihres Mannes im franz. Gefangenenlager erfuhr eine Zeitzeugin allerdings zuerst durch seine Kriegskameraden, die sie aufsuchten und auch seine persönlichen Sachen mitbrachten. Da stand sie nun als Kriegerwitwe mit 4 Kindern, wobei ihr Mann sein jüngstes Kind nie zu Gesicht bekommen hatte (was kein Einzelschicksal war). Am schmerzvollsten traf es zwei Hennstedter Familien, die beide den Tod von drei gefallenen Söhnen zu beklagen hatten.
Weitere Informationen über ‚Flüchtlinge, Vertriebene‘ sowie ‚Internierte‘ finden sie in den jeweiligen Einzelberichten.